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Original Regional

Metropolregion Nürnberg bewirbt sich als Welterbe Agrarkultur

Die Metropolregion Nürnberg strebt mit einer ambitionierten Bewerbung als erste Region Deutschlands den Titel Welterbe Agrarkultur an. Im Mittelpunkt der Initiative steht das reiche agrarkulturelle Erbe der Region – eine lebendige Verbindung von traditioneller Landwirtschaft, regionaler Ernährungskultur und nachhaltiger Pflege der Kulturlandschaften.

Mit dem Vorhaben möchte die Region ein Zeichen setzen: Für den Erhalt historisch gewachsener, nachhaltiger Agrarsysteme – und für deren Wert für eine zukunftsfähige Ernährung und Landnutzung. Die Region blickt auf eine jahrhundertealte Agrargeschichte zurück: vom Nürnberger Knoblauchsland über die Karpfenteichwirtschaft bis hin zu Weinbergen, Hopfenanbau und Streuobstwiesen. Diese Kulturlandschaften sind nicht nur ökologisch wertvoll, sondern Ausdruck einer tief verwurzelten bäuerlichen Kultur, die bis heute das Leben, die Esskultur und die Identität der Menschen in Franken und der Oberpfalz prägt. In der Branche sind rund 100.000 Menschen beschäftigt.

Und noch mehr: Mit ihren Erzeugnissen ernähren die heimischen Landwirte die ganze Region und sorgen so für Nahrungssicherheit. Genau deswegen bewirbt sich die Metropolregion um die Anerkennung als „Globally Important Agricultural Heritage System“ (GIAHS) durch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). „Unsere Agrarkultur ist ein lebendiges Erbe – an Traditionen, Handarbeit und Wissen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Mit der Bewerbung wollen wir diesen Schatz bewahren und international sichtbar machen“, erklärt Klaus Peter Söllner, Landrat von Kulmbach und Sprecher des Beirats Welterbe Agrarkultur.

Der Tisch in der Metropolregion ist reich gedeckt

Über die Jahrhunderte habe sich rund um die Städte eine vielfältige Landwirtschaft entwickelt, wirbt auch Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König, ebenfalls Sprecher des Beirats. Dazu gehöre unter anderem das Nürnberger Knoblauchsland, das größte zusammenhängende Gemüseanbaugebiet im urbanen Raum. „Es ist der Gemüsegarten der Metropolregion und sorgt für Ernährungssouveränität“, sagt König. „Unser Tisch ist reich gedeckt: Wir haben allein 170 regionale Spezialitäten in der Metropolregion, vom Aischgründer Karpfen über das Bamberger Hörnla bis zur Nürnberger Bratwurst.“

Auch der Präsident des Bayerischen Bauernverbands, Günther Felßner, unterstützt das Vorhaben mit Nachdruck: „Unsere bäuerliche Landwirtschaft ist ein lebendiges Kulturerbe – sie verändert sich, weil sich die Menschen, ihre Ansprüche und die Rahmenbedingungen verändern. Entscheidend ist, dass die unternehmerische Kraft der Familienbetriebe, die unsere Landschaft und Kultur gestalten, auch künftig erhalten wird und Raum für Entwicklung hat. Es geht nicht darum Asche zu bewahren, sondern dieses Feuer weitergeben zu können. Die Bewerbung um das Welterbe Agrarkultur kann und muss auch einen Beitrag dazu leisten." Doch das System steht unter Druck: Flächen gehen für die Landwirtschaft verloren und der Selbstversorgungsgrad geht laut Bauernverband zurück.

Regionale Landwirtschaft mit globaler Bedeutung

Die Bewerbung aus Nordbayern hebt bewusst nicht nur ein einzelnes, klar definiertes Agrarsystem hervor – wie es etwa die Reisterrassen der Hani in China oder die Weinanbaugebiete in Soave tun. Vielmehr liegt die Stärke der Region in ihrer Vielfalt: „Unsere Stärke ist die Mischung“, betont Klaus Peter Söllner. Gerade die vielen, kleinteiligen Agrarsysteme in der Metropolregion wären eine Besonderheit. „Unsere landwirtschaftlichen Betriebe arbeiten in direkter Nähe zur Stadt und sind auf die Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort ausgerichtet. Hinzu kommt die Vielfalt an Kulturlandschaften. Deshalb ist die Metropolregion ein Modell für eine nachhaltige Landwirtschaft, die auch für die Ernährungssicherheit steht“, sagtDr. Christa Standecker, Geschäftsführerin der Metropolregion Nürnberg.

Starke Allianz für eine starke Bewerbung

Getragen wird die Initiative von einem breiten Bündnis: Kommunen, Landwirtschaftsverbände, Kulturinstitutionen, Universitäten und zivilgesellschaftliche Gruppen arbeiten gemeinsam daran, die Region als Beispiel gelungener Verbindung von Kultur, Biodiversität, traditionellem Wissen und zukunftsorientierter Nachhaltigkeit hervorzuheben.

Die Chancen für den Titel stehen gut: Die Metropolregion Nürnberg sieht in ihrer gewachsenen Agrarstruktur – mit kleinteiliger Bewirtschaftung, hoher Sortenvielfalt und regionalen Kreisläufen – ideale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anerkennung. Bereits im Vorfeld wurde der Nürnberger Ansatz mit der FAO intensiv diskutiert – mit positivem Feedback. Für das kommende Jahr ist ein FAO-Besuch vor Ort geplant, bei dem sich eine Delegation ein direktes Bild von den regionalen Agrarsystemen machen wird. Bei positiver Bewertung durch die FAO könnte die Region offiziell in das GIAHS-Netzwerk aufgenommen werden.

Zwar ist mit dem Titel keine finanzielle Förderung verbunden, dafür aber ein hoher internationaler Stellenwert und viele Möglichkeiten. Ziel des Programms ist es, die einzigartigen Agrarsysteme als Modelle für nachhaltige Landwirtschaft zu erhalten, ihre Resilienz zu stärken und sie an zukünftige Herausforderungen – etwa den Klimawandel – anzupassen. Schon jetzt hat die Region einen zehnteiligenAktionsplan entwickelt – unter anderem soll in kommunalen Kantinen künftig mehr regionales und biologisches Essen angeboten werden. Auch Erlebnisangebote rund um regionale Spezialitäten sollen ausgebaut werden. Die Bewerbung ist also nicht nur Ziel – sondern Ausgangspunkt für eine nachhaltige Weiterentwicklung.

Mit dem GIAHS-Programm würdigt die FAO seit 2002 weltweit landwirtschaftliche Systeme, die durch ihr traditionelles Wissen, ihre ökologische Resilienz und ihre kulturelle Bedeutung herausragen. Dabei geht es um Anbausysteme, die von bäuerlichen Betrieben über Generationen hinweg entwickelt wurden, um Lebensmittel zu produzieren, kulturelle Traditionen zu bewahren und natürliche Ressourcen zu schützen.

Sie werben für die Metropolregion als Welterbe Agrarkultur (v.l.): Martin Schöffel (Staatssekretär im Ministerium der Finanzen und für Heimat), Dr. Christa Standecker (Geschäftsführerin Metropolregion Nürnberg), Günther Felßner (Präsident des Bayerischen Bauernverbands), Klaus Peter Söllner (Landrat Landkreis Kulmbach) und Marcus König (Oberbürgermeister Stadt Nürnberg). Foto: Rudi Ott

Streuobstwiesen in der Metropolregion Nürnberg (Foto: Robert Pelczer)

Streuobst-Produkte aus der Metropolregion (Foto: Rudi Ott)

Foto: Lui Übler

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